GLOW: The Story of the Gorgeous Ladies of Wrestling
GLOW ist Wrestling als Kippbild: Ein lokales Projekt aus dem Riviera Hotel in Las Vegas, das sogar in Japan Erfolge feierte; eine Low-Budget-Lachnummer (mit Charakteren wie „Little Egypt“, „Palestina“ und „Mountain Fiji“), die ernste High-Profile-Nachahmer auf den Plan rief; ein sexistisches Exploitation-Spektakel (und direktes Vorbild der „Divas Era“), das zugleich Frauen-Wrestling einen bis heute anhaltenden Aufschwung bescherte. Aus der historischen Distanz wirkt GLOW wie das weibliche Camp-Geschwister der heutigen WWE: athletisch oft unbedarft, unterhaltungstechnisch aber überambitioniert, stets ausbeuterisch gegenüber seinem Menschmaterial und voller Länder-, Geschlechter- und aller sonst wie denkbaren Rollen-Stereotypen auf Steroiden. Rückschritt und Vorwärtssprung in einem. GLOW, das ist auch mehr Varieté-Show als Wrestling, was es paradoxerweise wiederum zu mehr Wrestling macht, als pures Wrestling es je sein könnte.
GLOW ist außerdem Vorlage der gleichnamigen Netflix-Serie mit Alison Brie in der Hauptrolle, die nach drei Staffeln leider Covid zum Opfer fiel (die Show, nicht die Darstellerin) — und damit, je nach Inkarnation, zugleich Low-Fi- und High-End-TV. So oder so: Wer GLOW verstehen will, muss es erleben. Am besten durch die Augen und Anekdoten seiner Protagonistinnen, die in dieser Doku die Sichtbarmachung eines ganzen Gender- wie auch Kulturkampfs nachzeichnen.
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Als Vorfilm zeigen wir ein legendäres Mischform-Experiment aus 1986, das selbst irgendwo zwischen Doku und Wrestling-Storyline liegt: I Remember Gorgeous George zeichnet in einer sehr persönlichen, fast schon VICE-artigen Geschichte den Weg eines Wrestling-Fans und Journalisten nach, der seinem Fantum auf den Grund geht und dabei selbst zum Teil des Narrativs wird (27’)